Podiumsgespräch

Geothermiewärme im urbanen Raum

03.11.2022

Im urbanen Raum hat die Geothermie wegen der hohen Wärmedichte das grösste Potential. Wie kann die Nutzung dieser natürlichen Wärme in den Schweizer Städten beschleunigt werden? Einfachere administrative Prozesse und stärkeres politisches Engagement war die Meinung anlässlich einer Podiumsdiskussion am 29. September in Bern.

Vertreterinnen und Vertreter von Stadtwerken und Gemeinden haben über die Massnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermiewärme im urbanen Umfeld der Schweiz debattiert. In folgendem Video kann die Diskussion nachgehört werden. Eine Zusammenfassung findet sich unten.

Ronny Kaufmann (Swisspower) fragte zu Beginn, was zur Realisierung der die hydrothermale Geothermieanlage in Riehen (BS) geführt hatte, und was die aktuelle Erweiterung dieser Anlage koste.

Eveline Rubli (IWB) erläuterte, dass die damalige Ablehnung des Atomkraftwerkes Kaiseraugst in der Gesellschaft eine Nachfrage für alternative Energiequellen ausgelöst hatte. Ein gleiches Momentum erleben wir mit der jetzigen Energiekriese, welches der Geothermie zu Gute kommen kann. IWB und die Gemeinde Riehen investieren in die Erweiterung der bestehenden Geothermieanlage, mit einem Gesamtbudget von ca. 20 Millionen Franken, wovon rund 6 Millionen vom Bund finanziert werden. Wie kann das Risiko minimiert werden, wenn bei einem Geothermieprojekt die Bohrung nicht das erhoffte warme Wasser bringt, wie vor kurzem in Lavey?

Niels Giroud (SIL) erläuterte, wie die Stadt Lausanne für seine Geothermieprojekte vorgeht. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht jede Bohrung produktiv ist, das ist in der Ölbranche auch so. Entsprechend berücksichtigt SIL dies seit Beginn: Es hat nicht nur eine Aquifäre im Untergrund. Wenn die erst anvisierte für thermische Nutzung nicht genügt wird eine weitere oberhalb, unterhalb oder nebenann anvisiert. Die im Vorgang durchgeführten geophysischen Untersuchungen ermöglichen eine entsprechende Planung mit Varianten.

In Genf wurde dafür in einem ersten Schritt der Untergrund untersucht, erläuterte Marcel Rüegg (SIG). Der Kanton und SIG haben dafür investiert und sich Zeit genommen, mit geophysischen Messungen und Probebohrungen Kenntnisse zum Untergrund des Genfer Beckens zu gewinnen. Jetzt können die Ressourcen des Untergrundes viel gezielter eingesetzt werden, für Geothermie wie für Trinkwasser und Speicherung. Dies ermöglicht eine Raumplanung unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des Untergrundes. Für eine Beschleunigung der Entwicklung der Geothermie wie auch der Wärmegewinnung und -Verteilung allgemein müssen dem Bund vermehrte Kompetenzen gegeben werden, meint er. Die jetzigen unterschiedlichen Ausführungen und Reglementierungen in den 26 Kantonen verlangsamen die Umsetzung. Wärme nimmt für Energieverteilungsunternehmen an Bedeutung zu.

Der Gebäudepark der Schweiz benötigt für Wärme über die Hälfte der Energie der Schweiz und diese muss dekarbonisiert werden, erläuterte Guillaume Fuchs (Romande Energie). Deshalb investieren wir in Wärme. Dabei ist Geothermie eine Energiequelle, die komplementär zu den anderen ist und mit bestehenden Technologien Wärme liefern kann, wie es Beispiele in Frankreich und Deutschland zeigen. Dafür investieren wir in Projekte wie z.B. Energeô. Es hat dabei sehr viele administrative Aufgaben. Für die Beschleunigung der Entwicklung der Geothermie sollten die administrativen Prozesse vereinfacht werden. Die Kantone setzen in ihren Energiegesetzten die Rahmenbedingungen und können Weichen stellen.

Reto Rigassi (Energiestadt) betonte wie dabei die erneuerbaren Energieträger entsprechend Ihrer Verfügbarkeit und den regionalen Gegebenheiten eingesetzt werden sollen. Damit Geothermie im gleichen Atemzug wie Wasser, Solar, Wind und Biomasse erwähnt und eingesetzt wird braucht es wahrscheinlich Erfolgsbeispiele in der Schweiz. Funktionierende Anlagen im Ausland genügen nicht, um Entscheidungsträger zu überzeugen. Die Schweiz lebt noch zu stark in der Komfortzone, um gute Praktiken aus dem Ausland zu übernehmen. Weiter braucht es eine stärkere Lobby für Geothermie. Wenn heute Sonnenenergie in aller Munde hat es mit Erfolgsgeschichten und Lobbying zu tun. Nebst Geothermie-Schweiz können dafür bestehende Netzwerke wie Energiestadt und Swisspower eine Rolle spielen.

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