Projekt EnergeÔ Vinzel

Aussergewöhnliche Wasserfliessrate in Vinzel

26.05.2023

Die Bohrung in Vinzel führte zu Wasser, das mit 20 Bar und 150 Litern pro Sekunde bei einer Durchschnittstemperatur von 33 Grad aus dem Untergrund sprudelt. Diese aussergewöhnliche Fliessrate könnte eine thermische Leistung von 6-8 MW erzeugen. Die unerwartet niedrige Temperatur erfordert eine Analyse, wie die gefundene Energieressource am besten genutzt werden kann. Dieses wie andere aktuelle Projekte, zeigen auch die Notwendigkeit auf, die geltenden Rahmenbedingungen für die Geothermie zu überprüfen, um diese nachhaltige Bandenergie für die Dekarbonisierung in den Energiemix zu integrieren.

Das Äquivalent einer Badewanne in einer Sekunde und eines olympischen Schwimmbeckens in 5 Stunden.

Ausgehend von einer Tiefe von 770 Metern der ursprünglichen Bohrung, wurde in diesem Frühjahr eine S-förmige Seitenbohrung abgeteuft, die direkt in die geologische Verwerfung eindringt und eine effektive, vertikale Tiefe von 1.524 Metern bei einer Gesamtlänge der Bohrung von 1.820 Metern erreicht. Über den gesamten abgeteuften Bohrlochabschnitt, der den Malm-Aquifer auf einer Länge von über 1.000 Metern durchschneidet, wurden mehrere Bereiche mit Gesteinsfrakturen identifiziert. Der gemessene und stabilisierte natürliche artesische Durchfluss von 150 Litern pro Sekunde – eine Badewanne, die pro Sekunde gefüllt wird – stellt ein aussergewöhnliches Potenzial hinsichtlich der verfügbaren Wassermenge dar. Die Analyse der gesammelten Daten ergab, dass die wichtigsten Wasserzuflüsse in einer Tiefe von 800 bis 1.210 Metern liegen und mit einem Druck von 20 Bar an die Oberfläche gelangen. Experten halten es für möglich, dass es sich bei diesen Tiefen um eines der produktivsten Bohrlöcher in Europa handelt, was den geothermischen Wasserdurchfluss betrifft. Die gemessene Temperatur, die sich aus der Mischung aller Wasserzuflüsse ergibt, beträgt 33 Grad Celsius. Bei dieser Temperatur und diesem Durchfluss bietet der Brunnen eine thermische Leistung von 6-8 MW. Die Temperatur liegt jedoch unter den erwarteten 50 Grad Celsius, was sich auf die Möglichkeiten des ursprünglich geplanten Betriebsmodells auswirkt. Eine Analyse ist daher erforderlich.

 

6 Monate Aktivitäten durch den Dogger- und später den Malm-Aquifer, ohne Zwischenfälle und ohne Störung der Quellen

Am 21. November begannen die Bohraktivitäten am Standort Vinzel. Nachdem die Bohrung ohne grössere Schwierigkeiten in den Dogger-Aquifer in einer Tiefe von 2’233 Metern erreicht hat, bestätigten die Produktivitätstests das Vorhandensein von Wasser, wobei die Fördermenge für eine Nutzung zu gering war. Nach eingehenden Analysen und Interpretationen aller Daten und Ergebnisse, beschlossen die Projektverantwortlichen, den Malm-Aquifer zu erkunden, der sich weiter oberhalb befindet. Die während aller Phasen des Projekts – Bohrungen und Tests – durchgeführte Überwachung zeigt, dass keine projektbezogenen seismischen Aktivitäten oder Auswirkungen auf benachbarte Quellen registriert wurden.

Situationsanalyse zur Bewertung der besten Nutzungsmöglichkeiten

Die ursprünglichen Ziele in Bezug auf die Fördermenge wurden weit übertroffen. Die Temperatur liegt jedoch unter den Schätzungen. Die Projektträger haben somit beschlossen, die Arbeiten an der Bohrstelle zu unterbrechen, um eingehend zu analysieren, wie die nachweislich, vorhandene Ressource am besten genutzt werden kann. So wurde der Brunnen provisorisch und sicher geschlossen und die vorhandene Bohranlage abgebaut. Es ist möglich, mit leichteren Installationen auf diese Ressource zuzugreifen. Es geht nun darum, die verschiedenen möglichen Szenarien für die Nutzung dieser Ressource zu bestimmen und dabei die eidgenössischen und kantonalen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Beide Ebenen sind nämlich involviert und haben Auswirkungen auf die Finanzierung und das Geschäftsmodell, die Konzessionen und den Betrieb.

Erkundung des Untergrunds und Rahmenbedingungen

Die Technologie der hydrothermalen Geothermie mittlerer Tiefe ist gut etabliert und wird in bekannten geologischen Becken, wie z. B. in den Regionen Paris und München, weit verbreitet eingesetzt. Die Schweiz hat keine Geschichte der Erdöl- und Erdgasexploration und der Untergrund ist dementsprechend wenig bekannt. Seine Erkundung ist notwendig und jede Bohrung trägt zu besseren Kenntnissen des Untergrunds bei, sowohl für die Nutzung der Geothermie als auch für die nachhaltige Bewirtschaftung des Grundwassers. Die Erfahrungen aus dem Vinzel-Projekt und anderen hydrothermalen Geothermie-Projekten in der Schweiz zeigen, dass die Umsetzung des vom Schweizer Parlament beschlossenen Programms zur Erkundung des Untergrunds beschleunigt werden muss. Die laufenden Projekte zeigen auch, wie wichtig es ist, die derzeit auf Bundes- und Kantonsebene geltenden Gesetze und Fördermechanismen gründlich zu analysieren, um die Integration der nachhaltigen Bandenergie Geothermie in den Energiemix für die Energiewende zu beschleunigen.

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