geo2Riehen

Noch mehr Erdwärme für Riehen

19.12.2018

Wenn eine Schweizer Gemeinde den Titel einer Pionierin auf dem Gebiet der Geothermie beanspruchen kann, dann gehört Riehen sicher zu den Kandidatinnen. Seit fast 25 Jahren versorgt der Wärmeverbund Riehen (WVR) seine Kunden zuverlässig mit Erdwärme. Nun plant die baselstädtische Gemeinde eine zweite Tiefenbohrung. Die neue Geothermie-Anlage «geo2riehen» soll 2025 in Betrieb genommen werden.

Die Geothermie-Anlage Haselrain ist seit 1994 in Betrieb.

Die Geothermie-Anlage Haselrain ist seit 1994 in Betrieb.

An insgesamt sechs verschiedenen Standorten produziert der WVR heute Wärme. Herzstück ist eine Geothermie-Anlage, die seit 1994 in Betrieb ist und aus einer Tiefe von über 1500 Metern rund 66°C warmes Wasser fördert. Dieses wird ins rund 37 Kilometer lange, lokale Fernwärmenetz eingespeist. Die zweite Anlage wird nach dem genau gleichen Geothermie-Verfahren (Aquifernutzung) funktionieren.

Erdwärme wird direkt ins Fernwärmenetz eingespiesen
Unter anderem dank der fast 25 Jahre alten, ersten Geothermie-Anlage ist Riehen 2004 als erste europäische Gemeinde mit dem «European Energy Award» in Gold ausgezeichnet worden. Speziell an dieser Anlage ist, dass sie die Erdwärme direkt nutzt, ins Fernwärmenetz einspeist und so die Kunden beliefert. Aktuell deckt der Wärmeverbund Riehen den Wärmebedarf von rund 7700 Personen. Mit der neuen Anlage sollen gemäss aktueller Planung in ein paar Jahren etwa 4000 weitere Personen dazukommen.

Interview mit Marcel Schweizer, Präsident Verwaltungsrat Wärmeverbund Riehen AG

Marcel Schweizer, welche Besonderheiten zeichnen das Projekt «geo2riehen» aus? Was macht es zu einem aus Ihrer Sicht besonderen Projekt?
Insbesondere die Tatsache, dass wir mit unserem aktuellen Projekt geothermisches Neuland beschreiten. Europa- und schweizweit gibt es keinen vergleichbaren Ansatz, die Leistung einer vorhandenen und seit bald einem Vierteljahrhundert in dieser Leistungsklasse funktionierenden Geothermieanlage zu duplizieren. Die Wärmeverbund Riehen AG übernimmt in dieser Hinsicht einmal mehr eine Pionierrolle.

Wenn ein Bürger die Begriffe Geothermie und Basel hört, denkt er vermutlich zuerst an Erdbeben. Wie schaffen oder schafften Sie Akzeptanz bei der Bevölkerung für das Projekt?
Bei der ersten Bohrung im Jahre 1988 brachte die Bevölkerung von Riehen die Nutzung der Geothermie noch nicht mit Erdbeben in Verbindung sondern eher mit angenehmen Gefühlen in den nahegelegenen Thermalbädern. Bei der Suche nach einer alternativen, umweltfreundlichen Energie wurde eine Kommission gebildet, welche als Vertreter der Bevölkerung Mitglieder des Gemeindeparlaments in das Projekt mit einbezogen hat. Für die Schaffung der nötigen Akzeptanz für «geo2riehen» können wir auf die guten Erfahrungen hinweisen, die wir in Riehen in den letzten 25 Jahren mit der Geothermie gemacht haben. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit erklären wir auch die grossen Unterschiede zwischen der Methodik in Basel und Riehen.

Weshalb kann Riehen auf eine derart lange Tradition bei der Geothermie zurückblicken? Ticken die Riehener anders als der Rest der Schweiz?
Bereits zu Beginn der 1980er Jahre stellte der Gemeinderat Riehen in einem Energieleitbild unter anderem die Forderung, dass die Luftschadstoff-Emissionen bei den Wärmeerzeugungstechnologien zu minimieren sind. Die Dorfpolitiker konnten zusammen mit dem damaligen Kantonsgeologen Dr. Lukas Hauber, selbst Bürger von Riehen, die Bevölkerung für die Geothermie begeistern und erhielten von ihr die Unterstützung den Wärmeverbund Riehen mit Nutzung der Geothermie zu realisieren. Vor mehr als 30 Jahren tickten die Riehener sicher umweltbewusster als der grosse Rest der Schweiz. Deshalb darf sich Riehen zu Recht den zweideutigen Namenszusatz «Das grosse grüne Dorf» geben.

Riehen (Quelle: Riehen Tourismus)

Riehen (Quelle: Riehen Tourismus)

Braucht oder brauchte es aufgrund dieser langen Geothermie-Tradition auf politischer Ebene überhaupt Überzeugungsarbeit?
Auch wenn «Riehen 1» erfolgreich war und bereits seit bald 25 Jahren problemlos läuft, kann man nicht davon ausgehen, dass eine weitere Bohrung ebenso reibungslos verläuft. Es ist deshalb natürlich, dass es auf politischer Ebene auch kritische Stimmen gibt. Auch für «geo2riehen» ist eine gute Kommunikation mit umfangreicher Information der Politik und der Bevölkerung ausserordentlich wichtig.

Welche Voraussetzungen braucht es aus Ihrer Sicht, damit eine Gemeinde ein Geothermieprojekt erfolgreich umzusetzen kann?
Die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung bildet die sorgfältige Erarbeitung der technischen, finanziellen und juristischen Voraussetzungen. Der systematische, zeit- und zielgerechte Einbezug aller relevanten Stakeholder ist für das gute Gelingen unseres Geothermieprojekts ebenso von zentraler Bedeutung. Das geplante Vorhaben ist primär wichtig für Riehen. Doch es betrifft nicht allein die Gemeinde und ihre Bevölkerung, sondern darüber hinaus zahlreiche Akteure, deren Rollen, Anliegen und Bedürfnisse ebenfalls adressiert werden müssen. Deshalb sind wir bestrebt, in jeder Projektphase eine umfassende und glaubwürdige Kommunikation sicherzustellen, welche den notwendigen und wichtigen Dialog stets von neuem ermöglicht.

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