Wie gelingt die Wärmewende?
27.01.2020Die 19. Ausgabe des Fernwärme-Forums stand ganz im Zeichen der Wärmewende. Diese gelingt nur, wenn die thermischen Netze stark ausgebaut werden. Darauf ist auch – neben anderen Wärme- und Kältequellen – die mitteltiefe Geothermie angewiesen. Wie und in welchem Tempo dieser Netzausbau vonstatten gehen soll, darin waren sich die Referentinnen und Referenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft allerdings nicht ganz einig.
Für den Verband Fernwärme Schweiz (VFS), der das alljährliche Gipfeltreffen der Fernwärme-Branche organisiert, ist klar, dass sich die Branche mehr Gehör verschaffen muss. Thierry Burkhart, Ständerat und Präsident des VFS, formulierte es im Vorwort zur diesjährigen Tagung so: «Die Energiestrategie 2050 fokussiert stark auf den Strombereich, das Thema Wärme gerät dabei gerne in Vergessenheit, obschon der fossile Anteil im Wärmebereich noch immer rund 80 Prozent beträgt.»
Schweden schafft die Wärmewende innert 20 Jahren
Da ist Schweden schon viel weiter: der fossile Anteil im schwedischen Wärmesektor liegt gerade noch bei zwei Prozent, nachdem er vor 20 Jahren rund die Hälfte betragen hatte. Haupttreiber dieser Entwicklung war die Einführung einer hohen CO2-Steuer. «Wir waren überrascht, wie einfach die Wärmewende gelungen ist», sagt Sven Werner, emeritierter Professor der Halmstad Universität in Schweden und Referent der Tagung. Der Markt habe auf die CO2-Steuer positiv reagiert und investierte kräftig in den Ausbau thermischer Netze. Mit 55 Prozent deckt die Fernwärme heute den grössten Teil des Wärmebedarfs in Schweden ab.
CO2-Abgabe wird auch in der Schweiz erhöht
Die Schweiz hat nach Schweden aktuell die zweithöchste CO2-Abgabe weltweit. Diese Lenkungsabgabe wird in absehbarer Zeit noch erhöht, hielt Daniel Büchel fest. Der Vizedirektor des BFE appellierte an die Fernwärme-Branche, die Wärmewende zügig und aktiv anzugehen, denn die «Früchte fielen nicht vom Himmel». Die Öl- und Gasbranche werde ihr milliardenschweres Business «nicht kampflos» der CO2-neutralen Fernwärme und Fernkälte, die sich aus Geothermie, Seewasser, industrieller Abwärme und Holz speist, überlassen.
Bis 2050 parallele Gas- und Fernwärme-Netze in den Städten
Gas und Fernwärme konkurrieren direkt in der städtischen Wärmeversorgung. In den letzten Jahrzehnten haben viele Städte in ihre Gasinfrastruktur investiert. Diese hat nun aber ein konkretes Ablaufdatum: Der Bundesrat hat im August 2019 beschlossen, dass die Schweiz ab 2050 nicht mehr Treibhausgase ausstossen soll, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können. Um dieses Netto-Null-Emissionsziel zu erreichen, müssen die fossilen Heizungssysteme konsequent mit erneuerbarer Wärme ersetzt werden. Das heisst, Städte müssen parallel zum bestehenden Gasnetz den Ausbau von thermischen Netzen forcieren. Diesen Spagat zu schaffen wird für Städte und Stadtwerke in den nächsten Jahrzehnten eine grosse Herausforderung sein.
Weitere Informationen
- Programm Fernwärme-Forum
- Verband Fernwärme Schweiz
- Programm Thermische Netze (EnergieSchweiz)
- Wärmewende in Schweden (Stockholm Environment Institute)