Positonspapier Wärmepotenzial

Geothermie deckt mindestens einen Viertel des Schweizer Wärmebedarfs

Die Schweiz soll ab 2050 nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre ausstossen, als durch natürliche und technische Speicher wiederaufgenommen werden können. Dieses Netto-Null-Ziel hat der Bundesrat 2019 beschlossen. Um das Ziel zu erreichen, sind die unterirdischen Speicherkapazitäten zu erkunden und die Emissionen insbesondere auch im Gebäudebereich und in der Industrie zu vermindern. Der kombinierte Wärmebedarf für Gebäude und Industrie wird 2050 bei rund 70 TWh/a liegen.

Wärmeproduktion aus Geothermie: ein immenses, unsichtbares Potenzial.

Wärmeproduktion aus Geothermie: ein immenses, unsichtbares Potenzial. (Quelle: Chris Züger / Unsplash)

Zielbild 2050
Die Geothermie liefert künftig mindestens 17 TWh/a Wärme für den Schweizer Gebäudepark und für Industrieprozesse. Damit deckt sie mindestens einen Viertel des Schweizer Wärmebedarfs. Heute werden bereits 4 TWh/a geothermische Wärme produziert – überwiegend aus dem untiefen Bereich. Die Produktion aus der untiefen Geothermie kann um ein Mehrfaches gesteigert werden. Noch praktisch nicht erschlossen ist das Potenzial aus mittleren Tiefen. Heute werden erst 0.2 TWh/a genutzt. Das wirtschaftlich nutzbare Potenzial allein aus der mitteltiefen Geothermie liegt bei rund 8 TWh/a und soll etappenweise bis ins Jahr 2050 erschlossen werden – zu konkurrenzfähigen Preisen für Betreiber und Endkunden.

 

Potenzial aus mitteltiefer Geothermie
Das geologische Wärmepotenzial für die mitteltiefe Geothermie in der Schweiz beträgt etwa 100 TWh/a. Theoretisch liesse sich damit der gesamte Wärmebedarf der Schweiz decken. Das nutzbare Potenzial liegt indes tiefer. Eine Wärmequelle ist eine lokale Ressource und kann nicht über grössere Distanzen transportiert werden. Neben dem geologischen Wärmepotenzial sind also auch räumliche und wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Aus dieser Gesamtanalyse resultiert ein nutzbares und wirtschaftlich konkurrenzfähiges Potenzial von rund 8 TWh/a. Abnehmer der mitteltiefen Geothermie sind Quartiere, Stadtareale, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft. Mit Ausnahme von grossen Einzelbezügern ist die mitteltiefe Geothermie dabei immer auf thermische Netze als Überträger angewiesen. Bis 2050 sollen thermische Netze rund 23 TWh/a Wärme verteilen. Die mitteltiefe Geothermie ist eine von mehreren Wärmequellen in diesen Netzen und steuert künftig rund einen Drittel bei.

Geothermische Energie dort, wo sie gebraucht wird: Wärmenachfrage für Wohnen, Gewerbe und Industrie am Beispiel Jurasüdfuss.

Geothermische Energie dort, wo sie gebraucht wird: Wärmenachfrage für Wohnen, Gewerbe und Industrie am Beispiel Jurasüdfuss. Je dunkler der Punkt, desto höher die Nachfrage. (Quelle: swisstopo)

Was braucht es, um das Potenzial der mitteltiefen Geothermie auszuschöpfen?

  • Untergrund erkunden: Der Untergrund muss besser bekannt sein, und zwar flächendeckend und national. Eine verbesserte Kenntnis des Untergrunds vereinfacht es Entscheidungsträgern, Projekte in Angriffe zu nehmen, ideale Standorte für Bohrungen zu bestimmen und generell die Risiken zu minimieren.
  • Thermische Netze ausbauen: Die thermischen Netze sind für die Weiterentwicklung der mitteltiefen Geothermie von entscheidender Bedeutung. Der Ausbau dieser Netze ist ökonomisch in bevölkerungsreichen Gebieten sinnvoll.
  • Mitteltiefe Geothermieanlagen bauen: Ausgehend von einem nutzbaren und wirtschaftlich konkurrenzfähigen Potenzial von 8 TWh/a braucht es rund 250 Anlagen. Konkret müssen von 2025 bis 2050 durchschnittlich zehn An- lagen pro Jahr in Betrieb genommen werden, um dieses Ziel zu erreichen. Die totalen Investitionskosten für diese 250 Anlagen betragen ohne Fördergelder etwa sechs Milliarden Franken oder 240 Millionen Franken pro Jahr.

Weitere Nutzungen der Geothermie
In der Bereitstellung von Wärme liegt das hauptsächliche Potenzial der Geothermie. Je nach Standort, Tiefe und Jahreszeit können Anlagen für zusätzliche Nutzungen in Frage kommen, was sie wirtschaftlich noch attraktiver macht:

  • Kälteerzeugung: bis 200 Meter Tiefe direkte Nutzung, ab ca. 2000 Meter und mindestens 80°C Anlagen mit Absorptionskälte.
  • Saisonale Speicherung: in Erdwärmesondenfeldern oder in Aquiferen. Letztere können überschüssige Wärme wie zum Beispiel von Kehrichtverwertungsanlagen (KVA) in den Sommermonaten speichern.
  • Stromerzeugung: Anlagen ab ca. 3000 Metern Tiefe und einer Temperatur ab ca. 110°C können für Strom- und Wärmenutzung eingesetzt werden.
  • Förderung von Elementen: Im geothermischen Tiefenwasser sind Elemente wie z.B. Lithium gelöst, die mittels neuer Verfahren während des geothermischen Betriebs umweltschonend gewonnen werden können. Das Potenzial in der Schweiz ist noch wenig untersucht.

Zusammenfassung

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