«Wärme nutzen, Erschütterungen vermeiden»
26.06.2018Die Fachwelt ist sich einig: Erdwärme soll genutzt werden, doch Erschütterungen sind zu vermeiden. Am Forum von Geothermie-Schweiz zeigte sich, dass in unserem Land speziell Wärmeprojekte vorangetrieben werden. Über die Bedeutung der induzierten Seismizität gehen die Meinungen der Experten aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz aber auseinander.
Es herrscht Aufbruchstimmung in der Schweiz: Mehrere geothermische Wärme- und Kälteprojekte werden lanciert bzw. haben bereits mit der konkreten Erkundung des Untergrunds begonnen. Das ökonomische und ökologische Potenzial solcher Anlagen ist enorm gross. Gleichzeitig ist aber auch auf die Bevölkerung und deren Ängste insbesondere vor induzierter Seismizität einzugehen. Am Forum von Geothermie-Schweiz wurden am Vormittag die neusten Informationen über Schweizer Wärme- und Kälteprojekte vorgestellt. Der Nachmittag war der induzierten Seismizität gewidmet.
Es tut sich was
Ein Leuchtturmprojekt weit über die Schweiz und Europa hinaus ist das Genfer Programm GEothermie 2020. Hervorragende Pumptestergebnisse der ersten Explorationsbohrung in Satigny krönten im Frühling 2018 die bisherigen Arbeiten. Die seit über 25 Jahren erfolgreich betriebene Geothermie-Anlage in Riehen soll nun um eine Doppeldublette erweitert werden. Mehrere weitere Projekte werden vorangetrieben, darunter zum Beispiel das Wärmeprojekt in Brig-Glis und der Geospeicher Forsthaus in Bern. Auch das Projekt in Oftringen, vor kurzem noch sistiert, soll dank neu eingeführter nationaler Förderung von Wärmeprojekten wieder Fahrt aufnehmen. Beim Davoser Geothermieprojekt sind die Ergebnisse des Pumptests vielversprechend. Gegenwärtig wird dort ein grossräumiges geologisches und hydraulisches 3D-Modell entwickelt, das die Planung weiterer Geothermieanlagen in und um Davos ermöglichen wird. Im Kanton Thurgau treibt der Verein Geothermie Thurgau (VGTG) intensiv eine Geothermie-Offensive voran. Grossbauern werden gezielt über die Vorteile geothermischer Anlagen bei der Wärme- und Kälteversorgung informiert und bei der Durchführung von Machbarkeitsstudien unterstützt.
Frankreich entspannter als die Schweiz
Einig ist sich die Fachwelt, dass der induzierten Seismizität und den Ängsten der Bevölkerung Rechnung getragen werden muss. Gleichzeitig zeigen die Erfahrungen der Experten aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich jedoch auch, dass es bei der Wahrnehmung, der Bedeutung und den erwarteten Auswirkungen von induzierter Seismizität zwischen den Ländern teilweise bedeutende Unterschiede gibt. Die grössten Meinungsdifferenzen zeigen sich bei den mitteltiefen Geothermieanlagen bis 3000 Metern Tiefe. Insbesondere in Frankreich ist der Umgang mit induzierter Seismizität wesentlich entspannter als in der Schweiz. Dies, da dort seit Jahrzehnten Anlagen im Betrieb sind und damit auch die Vorurteile wesentlich geringer sind.
Lokale Geologie wichtig
Die Forschungsarbeiten im Felslabor Grimsel ermöglichen ein besseres Verständnis von hydraulischen Stimulationsmassnahmen. Die vorläufigen Erkenntnisse zeigen, dass die lokalen geologischen Voraussetzungen wichtiger sind als die Art der Stimulation. Nun werden die Grimsel-Arbeiten im Felslabor Bedretto (Seitenstollen zum Furka-Tunnel) vertieft. Im Felslabor Grimsel liessen sich nur kleinräumig Experimente durchführen. Im Bedretto-Labor, das gegenwärtig von der ETH Zürich ausgebaut wird, lässt sich in weit grösseren Dimensionen experimentieren. Die Bedretto-Arbeiten werden einen wesentlichen Meilenstein bilden bei der Entwicklung von Geothermiesystemen, bei denen Erschütterungen auf ein nicht-störendes Mass minimiert werden können.
Alle Referate sind für die Verbandsmitglieder von Geothermie-Schweiz auf der Webseite von Geothermie-Schweiz verfügbar: Link
Radiobeitrag vom 27.0818: Rendez-vous am Mittag
Newsübersicht