Voraussetzungen für Grundwassernutzung im Talboden von Verbier sind ideal
29.09.2020Das Walliser Dorf Le Châble liegt im Val de Bagnes auf gut 800 m. Von dort schlängelt sich die Strasse hinauf ins weltberühmte Verbier. An einem Knotenpunkt für diverse Infrastrukuren – Bahn, Bus, Gondel – entsteht nun ein neues Quartier. Die Voraussetzungen für die Nutzung der geothermischen Energie sind ideal. Das im gebrochenen Felsuntergrund zirkulierende Grundwasser kann über ein Anergie-Netz die Wärmeversorgung für Heizung und Warmwasser sicherstellen.
Autoren: François Baillifard, Demian Rickerl, Stéphane Storelli, Mario Sartori, Gabriele Bianchetti
Der Standort Curala in Le Châble befindet sich im Unterwallis an der geografischen Schnittstelle des Val de Bagnes, zwischen Verbier, Les Mayens de Bruson und das Hochtal von Bagnes. Curala bildet zugleich einen wichtigen Knotenpunkt für diverse Infrastrukturen, da hier drei Bahnhöfe zusammenkommen (Eisenbahn, Bus und Gondel). Diese einmalige Lage soll nun für die Entwicklung eines neuen Quartiers, bestehend aus Hotels, Infrastrukturen für Freizeitaktivitäten und neuen Wohngebäuden, genutzt werden. Gemäss dem bereits existierenden Energie-Konzept soll die Wärmeversorgung für die Heizung und das Warmwasser über ein Anergie-Netz und dezentralisierte Wärmepumpen erfolgen. Der Gesamtwärmebedarf wird auf 500 bis 1.000 kWth geschätzt. Die Nutzung der geothermischen Energie des Grundwassers, das im gebrochenen Felsuntergrund des Val de Bagnes zirkuliert, scheint dabei für die Versorgung mit Wärme, über das Anergie-Netz, eine ideale Lösung zu sein. Dafür mussten allerdings zuerst die lokalen geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten noch erkundet werden.
Eine seismische Reflexionskampagne wurde dazu für vier Querprofilen, senkrecht zum Tal, durchgeführt. Das Hauptziel war die Klärung der Geometrie der Grenzfläche zwischen quaternären Sedimenten und das Gestein im Untergrund des Trogtales. Dank der SMA-1 Bohrung (s. Abbildung 1), die zum Einbau der seismischen Reflektoren diente, konnte der felsige Untergrund auf allen vier Profilen klar dargestellt werden. Ein Grundgebirgsmodell konnte somit erstellt werden, und die außergewöhnliche Dicke der Sedimentschicht in diesem Sektor, die vor Le Châble mehr als 400 m beträgt, erfasst werden.
Hydrothermale Systeme des Val de Bagnes besser identifizieren
Die Studie ermöglichte die Erstellung von zwei Strukturmodellen, die auf unterschiedlichen Hypothesen basierten. Aufgrund zusätzlicher Feldbeobachtungen konnte eines dieser Modelle für die weiteren Arbeiten bestimmt werden, und als Basis für die Erstellung 11 gekreuzten geologischen Querschnitten genutzt werden. Diese erlaubten die Kennzeichnung des tektonischen Schnittblattes, und ermöglichten auch die Erstellung eines geologischen 3D-Modells mit der Software Move. Die verschiedene geologischen Produkte (tektonischer Schnitt und Querprofile) wurden dann analysiert. Der Vorteil von 3D besteht darin, geometrische Unsicherheiten aufzuzeigen, und ein kohärentes und solides regionales Strukturmodell aufzubauen. Unsicherheiten, die dem geologischen Kontext inhärent sind, haben aber dennoch eine Auswirkung auf die Bestimmung der genauen Positionen bestimmter Kontakte, die unter den quaternären Gebieten verborgen sind.
Die Studie erlaubte zugleich, dank der Zusammenstellung aller verfügbaren hydrochemischen Daten, die Herkunft des Grundwassers zu eruieren, und die hydrothermalen Systeme des Val de Bagnes besser zu identifizieren. Sechs hydrochemische Typologien wurden identifiziert. Schliesslich wurde ein konzeptionelles Modell entwickelt, das das geologische 3D-Modell und die Hydrogeologie kombiniert, und die Zuordnung der chemischen Wassertypologien zu unterschiedlichen Grundwasserleitern ermöglichte:
- Zwei Grundwasserleiter sind zu quaternären Sedimente verbunden (Alluvien der Dranse und tiefes Fluvioglazial ablagerungen);
- Zwei Grundwasserleiter sind mit den Lithologien der «Median Triassic» (Quarzite und Gips) assoziiert;
- Zwei Grundwasserleiter sind der regionalen Störungszone zugeordnet;
- Zwei Grundwasserleiter sind mit tektonischen internen Einheiten verbunden (Grundwasserleiter von Ruitor und Siviez-Mischabel).
Diese Grundwasserleiter sind potenzielle Ziele für die geothermische Nutzung.
Zwei mögliche Standorte
Dank der Berücksichtigung der Merkmale der definierten geothermischen Ziele, sowie verschiedener projektbezogener Kriterien wie die Nähe zu den künftigen Nutzern und das geothermische Potenzial, konnten zwei Standorte definiert und bewertet werden :
- Der Standort “Prarreyer Nord” zeigt das beste energetische Potenzial und die beste Zuverlässigkeit bzgl. der Ortung des geologischen Zieles. Andererseits entstehen durch die Entfernung zu den künftigen Nutzern zusätzliche Kosten (v.a. Leitungen) für die Bereitstellung des Thermalwassers.
- Der zweite Standort, “Les abattoirs”, befindet sich näher zu den potenziellen Nutzern. Er ist jedoch mit größeren Unsicherheiten in Bezug sowohl auf die genaue Position sowie auf der Wasserchemie verbunden. Bzgl. der Wasserchemie wird eine Verkrustung der Wärmepumpen gefürchtet. Schliesslich kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Durchflussmenge kleiner wird als erwartet.
Die Wahl des Bohrstandorts und der geologischen Ziele hängt vom Potenzial und von den Risiken dieser beiden Standorte ab. Es ist im jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, das Design und die Dimensionierung dieser künftigen Betriebsbohrung zu definieren.
Newsübersicht