Energie- und Wärmewende

Interview: “Ressourcen unter unseren Füssen”

24.05.2024

« Unerschöpfliche Ressourcen unter unseren Füssen »: Im Interview mit Co-Direktor Cédric Höllmüller erörtert Andrea Pfister, Lead Underwriter, Engineering Lines bei HDI, die Nutzung der Geothermie und ihr Potential in der Schweiz.

Das folgende Interview entstand in Zusammenhang mit dem HDI eXpert Dialogue am 23. Mai 2024, bei dem die Potenziale und Herausforderungen von Geothermie-Projekten und die Rolle der Versicherungsindustrie erläutert wurden.

In der Debatte um den Weg in eine nachhaltige, CO2-arme Energieversorgung geht es häufig um die Nutzbarmachung von Sonne, Wind und Wasser. Weniger im Blick sind dabei andere Energiequellen, dabei liegt eine weitere buchstäblich zu unseren Füssen: Die Erdwärme, die sich über Geothermie-Anlagen nutzbar machen lässt. Andrea Pfister, Lead Underwriter, Engineering Lines bei HDI Global in der Schweiz, beleuchtet im Gespräch mit Cédric Höllmüller, Co-Direktor von Geothermie-Schweiz, wie weit die Technologie in der Schweiz bereits verbreitet ist, welche Hürden es noch zu überwinden gibt und wo die Potenziale liegen.

Guten Tag Herr Höllmüller, bitte erklären Sie doch einmal, was hinter dem Begriff „Geothermie“ eigentlich steckt.
In dem Wort stecken zwei Begriffe, und beide kommen aus dem Griechischen. „Geo“ bedeutet Erde und „Thermos“ steht für Wärme. Geothermie bedeutet also Erdwärme. Die Wärme, die in der
Erde steckt, kommt aus dem heissen Erdkern. Je tiefer man in das Innere der Erde vordringt, desto wärmer wird es. Wenn man in der Schweiz in die Erde bohrt, dann bleibt die Temperatur ab ungefähr zehn Metern unter der Oberfläche zunächst konstant bei rund zehn Grad Celsius. Je tiefer man aber kommt, desto wärmer wird es, und zwar um rund drei Grad pro 100 Metern Tiefe. Wir sprechen hier vom Temperaturgradient. In 1’000 Metern Tiefe ist es bereits rund 40 Grad Celsius warm, und zwar das ganze Jahr über. In 2’000 Metern Tiefe sind es bereits 70 Grad, in 3’000 Metern Tiefe sind 100 Grad erreicht und bei 5’000 Metern Tiefe schon 160 Grad. Man geht davon aus, dass im Erdkern Temperaturen von etwa 5’000 bis 7’000 Grad Celsius herrschen.

Wärme bedeutet Energie. Wie lässt sich diese Energie für die Schweiz nutzen, und welche Energieformen können damit erzeugt werden? 
Genau, die in der Erde gespeicherte Wärme ist eine Form von Energie. Sie ist nutzbar, und sie ist nach menschlichen Massstäben unerschöpflich. Die Grundüberlegung ist, die Energie aus dem Untergrund an die Oberfläche zu bringen,um sie zu nutzen, zum Heizen und zum Kühlen, sowie für die Produktion von Strom. Zudem kann der Untergrund als Energiespeicher genutzt werden, um im Sommer überschüssige Wärme zu speichern, um sie im Winter zu nutzen. Die Anwendungsbereiche zur Nutzung dieser Energie sind vielfältig. Je nach Bedarf können wir Geothermie-Systeme an Wärmepumpen koppeln und so die Temperatur erhöhen oder verringern. Zur Energiegewinnung im Untergrund gibt es zwei unterschiedliche Verfahren: geschlossene und offene Systeme.

Wie funktionieren geschlossene Geothermie-Systeme?
In geschlossenen Systemen zirkuliert Wasser in Rohren, die in feste Baukörper integriert werden, sogenannte Erdwärmesonden. Kombiniert man diese Sonden mit den Fundamenten der Gebäude – dabei können sie auch statische Funktionen übernehmen –, spricht man von Geostrukturen. Die Wärme im Untergrund erhitzt das Wasser, das aufsteigt und dann an der Oberfläche die Wärme wieder abgeben kann. Ist das Wasser abgekühlt, geht es zurück in die Erdwärmesonde und wird erneut erwärmt. Es findet also kein direkter Wasseraustausch mit dem Untergrund statt, daher „geschlossenes“ System.
Solche Erdwärmesonden, die bis etwa 400 Meter in die Tiefe reichen, werden in der Schweiz regelmässig realisiert. Auch grössere Gebäude oder Siedlungen können über Erdwärmesondenfelder versorgt werden. Koppelt man diese an Energienetze, so wirken die Sonden auch als thermische Speicher zur Heizung im Winter und Kühlung im Sommer. Ein Beispiel ist der Flughafen Kloten. Mittlerweile werden auch immer mehr Sonden tiefer als 400 Meter realisiert, um wärmere Temperaturen zu erreichen. Ausserdem existieren Forschungsprojekte und Demonstrationsanlagen, die auf mehrere tausend Meter zielen, sogenannte Deep closed loops oder auch Wärmetauscher im tiefen Untergrund. (…)

Hier geht es zum gesamten Interview « Unerschöpfliche Ressourcen unter unseren Füssen », das Andrea Pfister, Lead Underwriter, Engineering Lines bei HDI Global Suisse führte.

 

Am eXpert Dialogue am 23. Mai hat in einen ersten Teil Maren Brehme (ETHZ) im Gespräch mit Andrea Pfister (HDI) erläutert, was Geothermie ist und wie diese Energie gewonnen und genutzt werden kann. In einem zweiten Teil wurden in einem von Reto Gerber (Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten) moderierten Podiumsgespräch die Potenziale und Herausforderungen von Geothermie-Projekten und die Rolle der Versicherungsindustrie von Peter Meier (Geo-Energie Suisse), Christian Minnig (Bundesamt für Energie), Cédric Höllmüller (Geothermie-Schweiz) und Philipp Wolf (HDI Risk Consulting) erörtert.

Andrea Pfister (HDI) mit Maren Brehme (ETHZ) im Dialog.

 

Von Reto Gerber moderiertes Podiumsgespräch mit Peter Meier, Christian Minnig, Cédric Höllmüller, und Philipp Wolf

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