Forschungsprojekt «DEEP»

Innovationen für die Verringerung von Risiken bei tiefen Geothermieprojekten

13.04.2022

Induzierte Seismizität beschäftigt die Geothermie-Branche schon seit längerer Zeit und wird auch in den kommenden zehn Jahren von zentraler Bedeutung bleiben – für die Sicherheit, gesellschaftliche Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit vieler unterirdischer Anwendungen. Im Rahmen des laufenden «DEEP» Forschungsprojektes werden innovative Technologien entwickelt und optimierte Leitlinien und Protokolle bereitgestellt. Projektentwickler und -inhaber sind eingeladen, mit dem Projektteam Kontakt aufzunehmen.

Menschliche Aktivitäten zur Energiegewinnung aus dem tiefen Untergrund können Erdbeben auslösen. Die Wechselwirkung zwischen menschgemachten Veränderungen des Untergrunds und induzierter Seismizität ist seit langem bekannt. Dazu gehören insbesondere der Bergbau, die Kohlenwasserstoffindustrie und die Bewirtschaftung von Stauseen. Seismizität im Zusammenhang mit der Injektion von Wasser wurde erstmals vor etwa 50 Jahren in Denver (Colorado) beobachtet, als die Abwasserentsorgung im Untergrund mehrere Erdbeben verursachte.

Auch bei den frühen, hydrothermalen Geothermieanlagen (1911 im italienischen Larderello, 1958 in Neuseeland, 1960 in Kalifornien) wurde die induzierte Seismizität in Betracht gezogen. Hochdruckinjektionen, die manchmal auch spürbare Erdbeben auslösten, waren ein gängiges Mittel, um die Durchlässigkeit und Leitfähigkeit zu verbessern. Das Erdbebenrisiko wurde meist nicht als problematisch eingestuft, insbesondere im Vergleich zur natürlichen Seismizität in den geothermischen/vulkanischen Gebieten in Kalifornien, Neuseeland, Italien oder Island.

Erdbebenrisiko wird heute höher gewichtet
Die ständig wachsende Zahl von Industrietätigkeiten im tiefen Untergrund und die verbesserte seismische Überwachung haben einen engen Zusammenhang zwischen menschlichen Aktivitäten und Erdbeben aufgezeigt. In den letzten gut zehn Jahren hat das Thema der induzierten Seismizität verstärkt Aufmerksamkeit erhalten. Insbesondere auch in den DACH-Ländern ist sie für die Akzeptanz der Projekte von grosser Wichtigkeit.

Grösste Bedeutung hat die induzierte Seismizität insbesondere für Enhanced Geothermal Systems (EGS). Dies, da hier die induzierte Seismizität mit der Permeabilitätserhöhung des Reservoirs verbunden ist, um einen effizienten Wärmetauscher zu schaffen. Jedoch kann auch bei hydrothermalen Geothermieprojekten induzierte Seismizität auftreten. Bestehende und geplante Geothermieprojekte in den DEEP-Partnerländern Frankreich, den Niederlanden, der Schweiz, Deutschland und den USA müssen überzeugende Antworten auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit induzierter Seismizität geben und verlässlichere Verfahren zur Bewertung und Verringerung des Erdbebenrisikos präsentieren. Andernfalls werden sie nicht in der Lage sein, ihre Betriebsgenehmigung aufrechtzuerhalten, und das Wachstum der tiefen Geothermie wird stark eingeschränkt.

Innovationen im Bereich Risikokontrolle sind dringend nötig
DEEP bringt ein angesehenes und interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern und Praktikern aus der ganzen Welt zusammen, das sich für solche Antworten einsetzt. Innovationen im Bereich der Risikokontrolle in der Geothermie sind dringend notwendig – und auch möglich auf der Basis von jüngsten Fortschritten bei seismischen Überwachungstechnologien, Modellierungsmöglichkeiten und beim Prozessverständnis. DEEP führt ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm durch. Aufbauend auf nationalen Bemühungen werden laufende und geplante, aber derzeit fragmentierte Initiativen zu einem kohärenten internationalen Projekt mit dem Ziel zusammengeführt, künftige geothermische Projekte weltweit risikofreier zu machen. Die Verringerung des seismischen Risikos und die Effizienz der Reservoire sind im Falle von EGS gekoppelt: Das Gleichgewicht zwischen Risiko und wirtschaftlichem Ertrag ist eine Schlüsselanforderung. DEEP hat einen starken Fokus auf die Optimierung von Überwachungs- und Risikobewertungsverfahren, um die Kosten für künftige Projekte zu senken.

Weiterentwicklung klassischer Ampelsysteme für die Projektsicherheit hin zu einem «Adaptive Traffic Light System (ATLS). Mit Hilfe von Vorhersagen zur induzierten Seismizität ist es möglich, Einfluss auf Injektionen in den Untergrund zu nehmen, bevor ungewünschte Auswirkungen.

Die fünf spezifischen Ziele von DEEP sind:

  1. Innovationen bei Sensor- und Verarbeitungstechnologien, um die Überwachungs- und Bildgebungsmöglichkeiten entscheidend zu verbessern.
  2. Verringerung des Risikos durch Entwicklung und Testen robuster Echtzeit-Modellierungs- und Risikominderungsstrategien, die auf maschinellem Lernen sowie statistischen und physikalischen Prognosemodellen basieren. Diese nächste Generation adaptiver und datengesteuerter Risikominderungstools hat das Potenzial, die Seismizität während der Entwicklung von EGS-Reservoiren viel genauer vorherzusagen als aktuelle Modelle (Adaptive Traffic Light System, ATLS).
  3. Wissenstransfer von anderen Grössenordnungen und anderen Bereichen auf die tiefe Geothermie wird ermöglicht und genutzt, z.B. von Untergrund Laboren (z.B. Bedretto, EGS Collab). DEEP wird dieses reichhaltige Wissen, die Technologien und das physikalische Verständnis auf Anwendungen der Tiefengeothermie in vollem Umfang übertragen.
  4. Demonstration des Potenzials und der Grenzen dieser neuen Technologien und Risikominderungsstrategien in großem Maßstab und in Echtzeitanwendungen. DEEP wird die Technologien am FORGE-Geothermiestandort und im unterirdischen Feldlabor in Utah sowie an anderen Demonstrationsstandorten in Deutschland und Frankreich demonstrieren.
  5. Die nächste Generation von Leitlinien und Protokollen für bewährte Praktiken wird definiert. Diese basieren auf den gewonnenen Erfahrungen und sind international harmonisiert, und stellen zum ersten Mal eine Open-Source-Toolbox für die (EGS-)Risikobewertung und das Risikomanagement bereit.

Das Projekt wird nicht nur neue Leitlinien und Protokolle für bewährte Praktiken publizieren, sondern auch verschiedene Tools für die Minderung von seismischen Risiken bei tiefengeothermischen Projekten bereitstellen.

Projektpartner und Projektstandorte

Das DEEP-Konsortium umfasst sechs Nationen und acht akademische Partner, die allgemein als führend in ihrem Land und weltweit als Innovatoren auf dem Gebiet der Geowissenschaften und insbesondere der Nutzung der tiefen Geothermie anerkannt sind. Zudem sind drei führende Industrieunternehmen beteiligt, um den Betrieb von Testanlagen in grossem Massstab zu ermöglichen. Sie stellen sicher, dass reale Probleme auf pragmatische Weise angegangen werden und der Wissenstransfer von der Wissenschaft zur Industrie gefördert wird.

Projektstandort in Utah, USA (FORGE Projekt https://utahforge.com/)

Projektstandorte und Erdbebenzone in Nordrhein-Westfalen: Weisweiler (tiefengeothermische Anwendung), Hagen (geothermische Wärme für die Papierproduktion), Bochum (oberflächennahe Wärmespeicherung)

Projektstandort in Frankreich und Geothermieprojekte in Betrieb (Soultz-sous-Forêts, Rittershoffen) bzw. sistiert / abgebrochen (Vendenheim, Illkirch).

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