Geothermie als Teil des Energiemixes
27.06.2016Die ersten Erkenntnisse des Genfer Geothermie-Programms GEothermie2020 sind ermutigend. Christian Brunier, Generaldirektor der Services Industriels de Genève (SIG): «Mit Geothermie können wir mittelfristig Wärme- und Kühlnetze betreiben – mit sauberer und vor Ort produzierter erneuerbarer Energie.»
Warum setzen der Kanton Genf und die SIG auf Geothermie?
Geothermie ist die erneuerbare, lokale und saubere Energie mit dem besten Potenzial, um Wärme zu produzieren. Mit Geothermie können wir unsere energetische Unabhängigkeit erhöhen und die ambitionierten CO2-Reduktionsziele von Kanton und SIG erreichen.
Ist Paris für Genf ein Vorbild?
Ja, denn seit über 40 Jahren beweist Paris, dass Geothermie aus mittlerer Tiefe nachhaltig, technisch ausgereift und wirtschaftlich ist.
Warum ist Genf nach den Misserfolgen in Basel und St. Gallen bereit, finanzielle Risiken einzugehen?
Mit dem Kanton, unserem wichtigsten Eigentümer, haben wir Ziele vereinbart, um die Energiewende zu schaffen. Das Genfer Geothermie-Programm zielt nicht darauf ab, ein Tiefengeothermieprojekt wie in Basel oder St. Gallen zu realisieren. Vielmehr wollen wir die Geothermie in all ihren verschiedenen Facetten entwickeln. Dabei gehen wir strukturiert und in Etappen vor. Unsere ersten Projekte werden relativ einfach und untief sein. Da ist auch das finanzielle Risiko limitiert.
Welche Vision haben die Genferinnen und Genfer zur Geothermie?
Wir wollen einerseits das Wissen über den Untergrund verbessern und anderseits mit dem Kanton einen institutionellen Rahmen für die Geothermie definieren. Ein derartiges, behutsames Vorgehen wird bei der Bevölkerung gut akzeptiert. Wir wollen die Geothermie nicht Hals über Kopf erzwingen. Vielmehr wollen wir Schritt für Schritt eine Branche aufbauen, um die energetischen Herausforderungen der Zukunft meis-tern zu können.
Gibt es bei Ihrem Programm ein Erdbeben-Risiko?
Bis 2017 machen wir keine Tiefbohrungen. Daher gibt es auch kein Erdbebenrisiko. Ab 2017 werden wir ein seismisches Frühwarnsystem installieren, um gerüstet zu sein, wenn wir mit den Bohrungen starten.
Mit Geothermie lässt sich Wärme und Strom produzieren. Niemand spricht aber davon, dass Geothermie auch zum Kühlen eingesetzt werden kann. Hat Genf entsprechende Erfahrung?
SIG entwickelt derzeit das Projekt GéniLac. Mit diesem Projekt werden wir kaltes Seewasser zum Kühlen von Gebäuden der Internationalen Organisationen, des Flughafens und des Stadtzentrums einsetzen. Zudem haben wir kürzlich ein Projekt realisiert, mit dem wir im Sommer Wasser aus dem Untergrund zum Kühlen in der Industriezone von Meyrin-Satigny einsetzen. Sie sehen, wir haben schon Kälte-Projekte realisiert!
Wie hoch schätzen Sie die Erfolgswahrscheinlichkeit des Genfer Geothermie-Programms ein?
Die ersten Resultate sind sehr ermutigend. Künftig könnte die Geothermie in unserem Kanton eine zentrale Rolle spielen. Dennoch müssen wir vorsichtig bleiben. Um das Potenzial für die mitteltiefe und tiefe Geothermie quantifizieren zu können, ist noch viel Arbeit zu tun.
Was muss gemacht werden, um die Geothermie schweizweit voranzubringen?
Wir müssen behutsam und – wie schon gesagt – Schritt für Schritt vorgehen. Was die mitteltiefe Geothermie betrifft, rechnen wir mit finanzieller Unterstützung aus der CO2-Abgabe, so wie es das Parlament im Rahmen der Energiestrategie 2050 beschlossen hat.
Wo wird die Geothermie in zehn Jahren stehen?
Ich kann nur für Genf sprechen. Hier werden wir unsere Erkundungsarbeiten abgeschlossen haben und das Wärme-Potenzial unseres Untergrunds kennen. Wenn – wie wir hoffen – im Genfer Unter-grund viel warmes Wasser vorhanden ist, werden wir bereits erste Projekte umgesetzt haben. Die Geothermie wird dann fester Bestandteil des Genfer Energiemixes sein.