Das von der EU finanzierte Projekt GEORISK ist im Herbst 2021 nach drei Jahren abgeschlossen worden. Zahlreiche Ergebnisse liegen vor. Insgesamt arbeiteten 15 Partner aus 7 Ländern daran, die Rahmenbedingungen für Geothermieprojekte durch neue (politische) Instrumente und Produkte zu verbessern und die Nutzung der Technologie so zu beschleunigen. Auch die Schweiz hat sich am Projekt beteiligt.

Die mitteltiefe und tiefe Geothermie weist nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit ein enormes Potenzial für die Wärme- und Strombereitstellung auf. In einem gut entwickelten Markt ist die Geothermie wirtschaftlich attraktiv. Zudem ist sie erneuerbar, umweltfreundlich, lokal verfügbar und grundlastfähig. Daher hat auch die öffentliche Hand ein grosses Interesse, der mitteltiefen und tiefen Geothermie zur Marktreife im eigenen Land zu verhelfen. Geothermieprojekte sind jedoch einer Reihe von verschiedensten Risiken ausgesetzt, welche unterschiedliche finanzielle Auswirkungen auf das Projekt haben können. Europas öffentliche Hände und Private bieten bereits finanzielle Förder-Instrumente oder Produkte an, die einen Risikotransfer über Versicherungslösungen, Geothermie-Garantien oder Finanzhilfen ermöglichen. Dies, um die finanziellen Konsequenzen einer Reihe von Risiken für die Projektinhaber abzufedern. Nur ein Teil dieser Instrumente und Produkte ist jedoch erfolgreich, da nicht immer eine Anpassung an die Marktreife vorhanden ist.

Zu den wichtigsten Projektergebnissen gehören insbesondere die Erstellung eines umfassenden Risiko-Registers für Geothermieprojekte und die Analyse und Bewertung dieser Risiken auf nationaler Ebene. Die Resultate sind auch im GEORISK Tool abrufbar.

 

 

 

 

 

  • GEORISK – Zusammenfassung der Ergebnisse

    Zu den wichtigsten Projektergebnissen gehören insbesondere die Erstellung eines umfassenden Risiko-Registers für Geothermieprojekte und die Analyse und Bewertung dieser Risiken durch Projektinhaber auf nationaler Ebene. Die Resultate sind nicht nur in Berichten, sondern auch grafisch abrufbar im GEORISK-Tool auf der Projektwebseite. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt war die Identifikation von relevanten Kriterien für die Marktevaluation. Dafür wurde der so genannte «Commercial Readiness Level» auf Geothermieprojekte übertragen. Anhand dieser Bewertungsfaktoren wurde die Marktreife der Tiefengeothermie in den Teilnehmerländern ermittelt. Parallel wurden die fünf Schlüsselfaktoren für die Entwicklung von Programmen zur Risikominimierung identifiziert. Die Marktreife und das Risiko der Fündigkeit bestimmen unmittelbar das Instrument, das zur Minimierung des finanziellen Risikos geeignet ist. In drei Schweizer Workshops wurde mit Projektinhabern und Behördenvertretern ein auf die aktuelle Situation in der Schweiz angepasstes Programm zur Minimierung der finanziellen Risiken von Projektentwicklern entwickelt. Ergebnis der Arbeiten war auch, dass ein nationales Programm zur Untergrunderkundung notwendig ist. Dies war der Anstoss für die Motion 20.4063 «Schluss mit der Blackbox. Klimaschutz, Energiesicherheit und Infrastrukturnutzung dank Erforschung des Untergrunds», welche durch die beiden Räte angenommen wurde. Ferner wurde auch die Projektliste «Tiefengeothermie-Projekte» komplett überarbeitet und durch swisstopo publiziert. Sie gibt einen Überblick über alle Tiefengeothermie-Projekte in der Schweiz.

     

     

     

  • Geothermie-Projekte – Risiken identifizieren (1. Schritt)

    Geothermie-Projekte sind einer Reihe von unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt. Die Identifikation dieser potenziellen Risiken stand im Zentrum der ersten Phase des Projektes GEORISK. Grundsätzlich lassen sich die Risiken grob unterteilen in sozio-ökonomische Risiken, bohrtechnische Risiken sowie Risiken, welche mit den Unsicherheiten hinsichtlich der geothermischen Ressource im Untergrund zusammenhängen (Ressourcen Risiko).

     

    Ausschnitt aus dem GEORISK Online Tool für die Identifikation von Risiken.

    Ausschnitt aus dem GEORISK Online Tool für die Identifikation von Risiken.

     

     

     

     

     

     

    Zusammengefasst lassen sich folgende Risiko-Kategorien unterscheiden:

    1. Externe Gefährdungen
    2. Risiken aufgrund von Unwägbarkeiten im externen Kontext
    3. Risiken aufgrund interner Unzulänglichkeiten
    4. Risiken aufgrund von Unwägbarkeiten im Untergrund
    5. Technische Fragen
    6. Umweltrisiken

     

    Diese Risiken können in einer oder mehreren Projektphasen auftreten:

    1. Identifizierung / Erkundung
    2. Bohren/Testen
    3. Erschliessung / Nutzung
    4. Nach der Stilllegung

     

    Beispiel aus dem GEORISK Online Tool: Risiko «Fliessrate geringer als erwartet (Reservoir)» mit Informationen, Ergebnis der Risikobewertung durch Projektentwickler sowie Massnahmen zur Risiko-Minderung.

    Beispiel aus dem GEORISK Online Tool: Risiko «Fliessrate geringer als erwartet (Reservoir)» mit Informationen, Ergebnis der Risikobewertung durch Projektentwickler sowie Massnahmen zur Risiko-Minderung.

  • Geothermie-Projekte – Risiken bewerten (2. Schritt)

    Im Rahmen nationaler Workshops sowie internationaler Konferenzen und Webinare wurden die identifizierten Risiken in einem zweiten Schritt durch Entwickler und Betreiber von Geothermie-Projekten analysiert und bewertet. Wichtig bei jedem Risiko ist, zu bestimmen, wer das jeweilige Risiko trägt (Risiko-Inhaber) und ob und wie es abgemildert bzw. auf andere Stakeholder transferiert werden kann. Die Risiken unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihrer Häufigkeit als auch ihrer finanziellen Auswirkungen (Schaden) auf den Projekteigentümer deutlich.

    Die Ergebnisse der Risikobewertungen sind auf der GEORISK Webseite grafisch dargestellt und können nach Ländern unterschieden werden.

     

     

     

     

    Bewertung der Risiken von Geothermie-Projekten durch Schweizer Projektinhaber und -entwickler

    Bewertung der Risiken von Geothermie-Projekten durch Schweizer Projektinhaber und -entwickler.

  • Fazit – die grössten Risiken in der Schweiz

    Viele der potenziellen Risiken können durch technische Massnahmen, Know-how-Aufbau und geeignete Kommunikation abgefangen werden. Hierzu gehören bohrtechnische Risiken, aber auch sozio-ökonomische Risiken (fehlende Akzeptanz etc.). Nicht wesentlich minimiert werden können jedoch die finanziellen Risiken, die in der Schweiz mit den Unsicherheiten bezüglich der Ressource verbunden sind. Dies ist zusammengefasst das Risiko, dass das angetroffene Tiefenwasser hinsichtlich Temperatur, Fliess- bzw. Zirkulationsrate und/oder Chemismus nicht den Anforderungen entspricht. Mit steigender Anzahl an Bohrungen in einem bestimmten Gebiet können durch die gewonnenen Informationen immer bessere Aussagen zur geothermischen Ressource getroffen werden.

    Infolge der aktuell noch grossen Unsicherheiten in der Schweiz in Bezug auf die geothermische Ressource ergibt sich auch das Risiko, keine ausreichenden finanziellen Eigenmittel bereitstellen bzw. Fremdkapital akquirieren zu können.

    Die Top 14 Risiken in der Schweiz mit Vergleichsrangierung in der Gesamtauswertung aller Länder.

    Die Top 14 Risiken in der Schweiz mit Vergleichsrangierung in der Gesamtauswertung aller Länder.

     

    Bedürfnisse potenzieller Projektanten

    2019 hat Geothermie-Schweiz eine Initiative für Städte und grössere Gemeinden in der Schweiz lanciert und dabei auf die Geothermie aufmerksam gemacht. Bei diesen verschiedenen Informationsveranstaltungen in der ganzen Schweiz sind die Grundlagen, Anwendungsmöglichkeiten und Fördermechanismen der Geothermie vorgestellt worden. Ausserdem sind die Teilnehmenden über die Kosten und den Prozess zur Lancierung und Planung eines Projekts informiert worden. Die sechs Veranstaltungen fanden in Lausanne, Zürich, Sargans, Bern, Bellinzona und Yverdon statt. Insgesamt haben Vertreter von 61 Gemeinden und 15 Kantonen teilgenommen. Im Gespräch gaben die Interessierten die finanziellen Risiken und die fehlenden Garantien auf den Projekterfolg als grösste Hürden bei der Realisierung von Geothermie-Projekten an. Doch immerhin: mindestens drei Gemeinden haben im Anschluss an die Veranstaltungen eine Machbarkeitsstudie zur Geothermie in Auftrag gegeben. Weitere Gemeinden signalisierten ein konkretes Interesse. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ohne verbesserte finanzielle Risikominimierung nur vereinzelt Projekte durch private Unternehmen und kleine bis mittelgrosse Stadtwerke realisiert werden. Die gewünschte Marktentwicklung mit zahlreichen neuen Geothermie-Anlagen wird damit aller Voraussicht nach nicht erreicht werden können.

     

  • Instrumente zur Minimierung des finanziellen Risikos

    Im Rahmen des GEORISK Projektes wurden bestehende und frühere Programme zur Risikominimierung (Risk Mitigation Scheme, kurz: RMS) untersucht und Schlussfolgerungen gezogen (Bericht 1/ Bericht 2).

    In Abhängigkeit der Marktreife sinken die finanziellen Risiken der Geothermie. Auf dieser Grundlage bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, das Investitionsrisiko der Projektentwickler abzumildern und auf andere Stakeholder (z.B. den Staat) zu transferieren.

    Abhängigkeit der Instrumente und Produkte von der Marktreife. Diese wiederum wird wesentlich durch die Unsicherheiten hinsichtlich Ressource geprägt (geringe Risiken bei sehr guten Untergrundkenntnissen, hohe Risiken bei wenigen direkten Untergrundinformationen).

     

     

    Erfolgskriterien für Programme zur Minimierung der finanziellen Risiken

    Keines der untersuchten Programme zur Risikominimierung lässt sich 1:1 auf die Schweiz übertragen. Zu unterschiedlich sind wichtige Kriterien wie der Kenntnisstand über den Untergrund, die Art und Qualität der geothermischen Ressourcen, die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Finanzkraft eines Landes und ihrer Industrie. Aus der umfassenden Analyse ergeben sich jedoch wichtige «Lessons Learned»:

    1. Das gewählte Instrument muss der Marktreife und dem Ressourcen Risiko entsprechen (vgl. Grafik).
    2. In keinem Land liegen die absolute Marktreife und damit ein minimales Risiko vor. Dies ist allerhöchstens lokal anzutreffen (z.B. Stadtgebiet München). Für die gegenwärtig reifsten Märkte ist daher das Instrument der «Public Private Partnership» angemessen (z.B. Pariser Becken in Frankreich).
    3. In den Ländern mit einer positiven Entwicklung des Geothermie-Marktes ging in der Regel eine umfassende Erkundung und Evaluation des Untergrundes voraus. Dies geschah oft durch eine intensive Kohlenwasserstoffexploration und/oder im Rahmen staatlicher Explorationskampagnen.
    4. Bei einer Absicherung des finanziellen Risikos zwischen 40-60 Prozent verbleibt immer noch ein zu hohes finanzielles Risiko für die Projektentwickler. Eine 60 Prozent Absicherung stellt das absolute Minimum dar.
    5. Bei einem noch nicht etablierten Markt und bei gleichzeitig hohem Ressourcen Risiko ist eine Risikominimierung über 80-90 Prozent der Kosten für die Erkundung und Erschliessung der Geothermie-Ressourcen notwendig, um einen adäquaten Anreiz zu setzen (Zuschüsse und/oder Garantien).
    6. Je nach Kenntnisstand über den Untergrund und die geothermischen Ressourcen an einem Ort, können innerhalb eines Landes Differenzierungen in der Risikoabsicherung vorgenommen werden.
    7. Ein RMS muss möglichst klar und einfach strukturiert sein und möglichst wenige involvierte Parteien aufweisen.