Tiefengeothermie

Technischer Nachweis für das Multi-Etappen-Stimulationskonzept gelungen

11.05.2021

Ende 2020 ist es der Geo-Energie Suisse AG (GES) gelungen, den technischen Nachweis für das vom Unternehmen patentierte Multi-Etappen-Stimulationskonzept zu erbringen. Die erfolgreiche Demonstration erfolgte im «Bedretto Underground Laboratory for Geosciences and Geoenergy» der ETH Zürich im Kanton Tessin. Vom Erfolg im Gotthard-Massiv erhofft sich Geo-Energie Suisse neuen Schub für das Pilotprojekt in Haute-Sorne (JU) und für die Produktion von Strom und Wärme aus Geothermie in der ganzen Schweiz.

Installation einer Seismometerkette im Bohrloch ST1 zur Überwachung der Stimulationen im Bohrloch ST2, im Bedretto-Labor der ETH Zürich. Die Arbeiten wurden unter der Leitung von Geo-Energie Suisse durchgeführt.

Installation einer Seismometerkette im Bohrloch ST1 zur Überwachung der Stimulationen im Bohrloch ST2, im Bedretto-Labor der ETH Zürich. Die Arbeiten wurden unter der Leitung von Geo-Energie Suisse durchgeführt. © Geo-Energie Suisse

Das Potenzial der Geothermie als erneuerbare, klimaneutrale Energiequelle ist unbestritten. Die natürliche Wärme in der Erdkruste produziert keinen CO2-Ausstoss und liefert konstant-thermische Energie, die für die Stromproduktion oder direkt als Wärmequelle genutzt werden kann. Zudem verursacht ein Geothermiekraftwerk einen vernachlässigbaren Eingriff in die Landschaft, da es nur sehr wenig Bodenfläche beansprucht. Zurzeit gibt es jedoch eine zentrale Schwierigkeit, die für eine flächendeckende, wirtschaftliche Nutzung der Erdwärme als erneuerbare Stromquelle überwunden werden muss: Deren zuverlässige und ortsunabhängige Erschliessung ausserhalb von geothermischen Hotspots, wie sie beispielsweise Island, Indonesien oder Neuseeland aufweisen.

Die ETH Zürich hat mit Unterstützung der Werner Siemens-Stiftung eine neue Forschungsinfrastruktur aufgebaut, um solchen Fragen nachzugehen. Im «Bedretto Underground Laboratory for Geoenergies» untersucht sie in enger Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern Techniken und Verfahren, um Erdwärme sicher, effizient und langfristig zu nutzen. GES demonstrierte als externer Partner im Bedretto-Labor im Rahmen der Projekte DESTRESS, ZoDrEx und IASS, wie sich im Untergrund schonend ein Wärmetauscher erstellen lässt.

Schweizweit erster Nachweis des von GES patentierten Multi-Etappen-Stimulationskonzepts
2006 wollte man in Basel an einem vertikalen, offenen Bohrloch in einem einzigen Schritt ein geothermisches Reservoir bilden. Die hydraulischen Stimulationen lösten jedoch inakzeptable Erdbeben aus. Als Antwort auf die technische Herausforderung einer sicheren Reservoirerschliessung hat die Geo-Energie Suisse AG darauf das Multi-Etappen-Stimulationskonzept (Video unten) entwickelt und im Jahr 2012 für die Schweiz patentieren lassen. Das Konzept sieht vor, in der für die Stromproduktion notwendigen Tiefe von 4 bis 5 Kilometern mittels gezielten Wasserinjektionen ein durchlässiges Reservoir im kristallinen Grundgebirge zu bilden. Um das damit verbundene Erdbebenrisiko zu minimieren, wird die hydraulische Stimulation abschnittweise und in kleinen, zeitlich gestaffelten Schritten durchgeführt. Dabei wird entlang eines horizontal abgeteuften Bohrlochs eine Sequenz von Reservoirkammern generiert. Diese werden mit einem zweiten, horizontal abgelenkten Bohrloch erschlossen. So entsteht in der Summe ein grosser, unterirdischer Wärmetauscher, mit dessen Hilfe im eigentlichen Geothermiekraftwerk Strom produziert und Wärme ausgekoppelt werden kann. Dass dieses Multi- Etappen-Stimulationskonzept funktioniert, konnte Geo-Energie Suisse nun erstmals in der Schweiz, im Bedretto-Labor der ETH Zürich, nachweisen.

Meilenstein für die Nutzung der Tiefengeothermie in der Schweiz
«Es ist uns gelungen, im kompakten Granit des Gotthardmassivs mithilfe von gezielten Stimulationsmassnahmen eine Erhöhung der Wasserdurchlässigkeit um den Faktor 10 bis 100 zu erreichen und die für die Rissbildung notwendigen Mikrobeben zu messen und zu kontrollieren», erklärt Dr. Peter Meier, CEO der Geo-Energie Suisse AG, und ergänzt: «Ich bin überzeugt, dass dieser Durchbruch ein zentraler Meilenstein auf dem Weg zum ersten Tiefengeothermiekraftwerk in der Schweiz ist. Dies einerseits, weil die erzielte Durchlässigkeit in einem der zwei Bohrlöcher der notwendigen Transmissivität für eine wirtschaftliche Anwendung entspricht. Andererseits, und das ist zentral, lag die mit den Stimulationen verbundene Mikroseismizität mit Magnituden von maximal -1.8 Mw auf der Richterskala rund 1 Million tiefer als damals in Basel». Diesen Erfolg erzielte GES im Rahmen von Demonstrations- und Innovationsprojekten mit der Beteiligung von nationalen und internationalen Partnern.

Als nächstes folgt nun die wissenschaftliche Auswertung durch die ETH Zürich, die EPFL und die Universität Neuenburg. Die Auswertungen bilden die Grundlage für das zukünftige, detaillierte Stimulationsprogramm des Pilotprojekts der Geo-Energie Suisse am Standort in Haute-Sorne im Kanton Jura. Ein weiteres erfolgreich erreichtes Zwischenziel von GES war die Qualifikation und Validierung neu entwickelter technischer Komponenten, die für die Sicherheit relevant oder für die Erstellung des tiefengeothermischen Reservoirs wirtschaftlicher sind. Weitere Qualifikations- und Validierungsarbeiten sind für 2021, 2022 und 2023 geplant.

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