Generationenaufgabe Geothermie
06.07.2020Geothermie-Schweiz ist inmitten der Coronavirus-Pandemie 30-jährig geworden. Gegründet wurde der Verband am 20. April 1990 als «Schweizerische Vereinigung für Geothermie» SVG-SSG. Hans Rickenbacher gehörte dem Initiativkomitee an und hat die Gründungsversammlung im Hotel National in Bern geleitet. Er erinnert sich an die Anfangsjahre zurück.
Von Hans Rickenbacher, Generalsekretär SVG-SSG 1990-2006
«Noch in den Achtzigern machten Geologen die Erfahrung, dass die verschiedenen Nutzungsformen der Erdwärme selbst bei Energiefachleuten kaum bekannt waren. Sinnbildlich dafür ist eine Episode kurz vor der Verbandsgründung, an die ich mich noch sehr gut erinnern kann: Wir haben die Einladungsflyer für die Versammlung an alle Energiebeauftragten von Kantonen und Städten verschickt. Ein Flyer kam zurück mit dem wohlgemeinten Korrekturvermerk «Geometrie»…
An der Gründungsversammlung waren rund 90 Personen anwesend, die dem Aufruf des Initiativkomitees gefolgt waren. Der erste Vorstand unter Präsident Jules Wilhelm war identisch mit dem Initiativkomitee. In der Mehrzahl waren es Geologen. Das Sekretariat habe ich in Biel bis 2006 geführt. Bezahlt wurden lediglich die Spesen. Mit wenig Geld und umsomehr Herzblut haben wir Besichtigungen von Bohrplätzen und mindestens eine Fachtagung pro Jahr organisiert. Von Beginn an gab es ein Info-Bulletin, das in brauner Schrift zwei- bis dreimal jährlich erschien. Für Schulen und für die Beteiligung an Publikumsmessen haben wir Schautafeln und Flyer kreiert. Wichtig war auch die Vernetzung mit der internationalen Geothermie-Fachwelt. Hierfür stehen die Namen von Lazi Rybach und François-David Vuataz. Die SVG war zudem federführend bei der Ausrichtung der European Geothermal Conference ’99 in Basel.
Mit einigem Stolz kann ich sagen: unsere Bemühungen haben ein Echo gefunden. Wir konnten auch andere von den Vorzügen der Geothermie – saubere, erneuerbare und ständig verfügbare Energie – überzeugen. Das zeigte sich einerseits bei der Mitgliederzahl, die kontinuierlich bis zum Vierfachen stieg. Andererseits entstand nach unserem Vorbild etwas später auch die deutsche Geothermische Vereinigung GtV, die uns an Grösse bald überflügelte. Und schliesslich erhielten wir vom Bundesamt für Energie (BFE) im Rahmen des Programms «Energie 2000» sowie dessen Nachfolgeprogramm «EnergieSchweiz» Anerkennung und finanzielle Unterstützung. Unter anderem auch mit diesen Geldern konnte sich das Info-Bulletin zu einer veritablen Fachzeitschrift entwickeln. Zunehmend professionalisiert wurde auch das Sekretariat, ergänzt mit drei regionalen Informations- und Kontaktstellen.
Rund die Hälfte der bisherigen Geschichte von Geothermie-Schweiz, insgesamt 16 Jahre, habe ich hautnah miterlebt und mitgestalten dürfen. Zwar bin ich seit 2006 nicht mehr für den Verband tätig, bin aber nach wie vor überzeugtes Mitglied. Meine persönliche Bilanz aus diesen 30 Jahren: Die Geothermie hat mit dem Verband Geothermie-Schweiz eine Adresse in der Schweiz. Der Dachverband ist aktiv – er koordiniert Forschung und Ausbildung, ist mit Gesetzgebern und Behörden auf allen politischen Stufen im Austausch. Das ist für die Erdwärme-Branche sehr wichtig. Denn die Geothermie hat auf dem Energiemarkt keinen leichten Stand. Die untiefe Geothermie ist zwar eine Erfolgsgeschichte. In mittlerer Tiefe sind nach der sehr erfolgreichen Anlage Riehen aber lange Zeit keine Projekte mehr umgesetzt worden. Versuche zur Stromgewinnung aus noch grösserer Tiefe wurden abgebrochen. Nun geht es aber wieder vorwärts, und die Signale in den letzten Jahren stimmen mich positiv. Trotzdem: Auch heute ist noch viel Entwicklungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten.
Ich bin überzeugt: Die Option Geothermie ist mit Blick auf den Atomausstieg und auf das Ende der fossilen Energieträger unverzichtbar. Das ist wahrlich eine Generationenaufgabe!»
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