Eine mittel- und eine langfristige Perspektive
09.10.2018Die Stadt Lausanne hat sich ehrgeizige umweltpolitische Ziele gesetzt. Ein Baustein ist die Planung ganzer Quartiere, die sich an den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft orientieren. Dazu setzt die Stadt – neben der Effizienzsteigerung bei Mobilität, Geräteverbrauch und persönlichem Verhalten – auf eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien. Für die Wärmeversorgung der sogenannten Ökoquartiere hat sich die Nutzung mitteltiefer Geothermie mittels 800 Meter tiefen Sonden als beste Lösung erwiesen.
Wie der Kanton Genf mit seinem Programm GEothermie2020 geht Lausanne beim Ausbau der Geothermie in Etappen vor: Auf geophysikalische Explorationskampagnen zur Verbesserung der Kenntnisse des Untergrundes folgen Pilotprojekte und die Realisierung von 800 Meter tiefen Erdwärmesonden.
Pilotprojekt Sirius
2014 wurden im Rahmen des Projekts Sirius acht jeweils 500 Meter tiefe Erdwärmesonden installiert, um Heizungswärme und warmes Wasser für 104 Wohnungen zu liefern, welche sich auf 4 neu gebaute Gebäude an der Ecke Avenue des Morges / Rue Couchirard verteilen. Die Wärmepumpen liefern mit diesen Sonden rund 500 MWh pro Jahr. Daneben werden 30% des von den Wohnungen benötigten Warmwassers mittels Solarthermie erzeugt.
Im Vergleich zu einem herkömmlichen Sondenfeld geringerer Tiefe ist das bei Sirius gewählte Vorgehen ideal für die dichte Bebauung im städtischen Gebiet. Denn die Verlängerung der Sonden in die Tiefe erlaubt es, ihr Anzahl zu reduzieren, was in der Stadt von Vorteil ist. Zudem haben sich die Services industriels de Lausanne (SiL) bei Sirius mit Erfolg für eine Bohrtechnik entschieden, die bisher für Sonden bis 200 Meter verwendet wird, und damit die Bohrkosten reduzieren können.
Projekt Plaines-du-Loup
Auf Basis der bei Sirius gewonnenen Erfahrungen haben die SiL 2014 in Plaines-du-Loup ein zweites Pilotprojekt gestartet. Dazu wurde eine 800 Meter tiefe Erdwärmesonde realisiert, um die Beschaffenheit des Untergrundes zu untersuchen und um das Sondenfeld für das geplante Ökoquartier dimensionieren zu können. Die Tests haben gezeigt, dass die Sondenleistung rund 20 – 30% höher ist als jene der 200 Meter tiefen Standardsonden.
Auf dem Areal in Plaines-du-Loup wird auf einer Fläche von rund 30 Hektaren eine veritable «Stadt in der Stadt» entstehen, mit 11’000 Einwohnern bzw. Arbeitsplätzen, mit Grünflächen und Sportanlagen wie Eisbahn, Tennis- und Sportplätzen. Um dieses Ökoquartier trotz der für seine Dimension relativ kleinen Fläche mittels Erdwärmesonden und Wärmepumpen beheizen zu können, soll die Zahl der Sonden auf 35 beschränkt werden, deren Tiefe aber bis in 800 Meter reichen. Die Bohrarbeiten werden Ende 2018 beginnen. Zur Anwendung kommen konzentrische Erdwärmesonden, da diese am besten geeignet sind, um die Wärme aus dem mitteltiefen Untergrund zu extrahieren. Geothermie und Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser werden für die Wärmeproduktion des zu 100% mit erneuerbarer Energie versorgten Ökoquartiers sorgen.
Den Untergrund besser kennenlernen
Nach Abschluss dieser auf mitteltiefen Erdwärmesonden basierenden Projekte will sich die Stadt Lausanne auf den Einsatz hydrothermaler Geothermie – die Nutzung der Wärme von Wasser führenden Gesteinsschichten – zur Erzeugung von Fern- bzw. Heizwärme konzentrieren. Um deren Potenziale abschätzen und die Erfolgschancen verbessern zu können, ist eine vertiefte Kenntnis der geologischen Verhältnisse im Untergrund von zentraler Bedeutung. Die SiL haben deshalb im Juli 2016 und im August 2018 geophysikalische Messkampagnen durchgeführt, deren Resultate eine Kartierung des Untergrundes erlauben. Auf dieser Basis konnten verschiedene potenzielle Bohrstandorte ermittelt werden. In einem nächsten Schritt soll nun definiert werden, welcher dieser Standorte genutzt werden soll, um eine Explorationsbohrung durchzuführen. Sie wird dazu dienen, die geophysikalischen Modelle vor Ort zu valideren und die geschätzten Abflussmengen und Temperaturen zu verifizieren.
Die SiL partizipieren zudem am Projekt AGEPP in Lavey, dem ersten hydrothermalen Geothermieprojekt in der Schweiz, welches gleichzeitig Wärme und Elektrizität produzieren wird.
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